IGNAZ HUBER
Strange Days

""Die farbige Fassung ist mir sehr wichtig, da die Figuren dadurch lebendiger und realer werden. Schon als Jugendlicher saß ich mit einer Staffelei und Ölfarben im Dachauer Moos. Dort erlebte ich im Malprozess eine mystische 'alles ist eins'-Erfahrung, in der sich alles auflöste und gleichzeitig alles verband."

Deine Holzskulpturen bestehen aus verschiedenen Holzarten wie Linde, Zeder und Kirsche. Wie wählst du die jeweiligen Holzarten aus und welche Bedeutung haben sie für dich?

Zunächst liebe ich die Arbeit mit lebendigem Material. Jede Holzart hat ihren eigenen Reiz (Duft, Farbe, Wuchs…) sowie Vor- und Nachteile (Rissbildung, Härte, Beständigkeit…). Letztendlich kann man jedes Holz verwenden, und ich benutze, was ich bekomme. In den letzten Jahren ist Zedernholz zu meinem Favoriten geworden.

Deine Skulpturen zeigen oft mythische und symbolische Elemente. Welche Geschichten oder Emotionen möchtest du durch diese Motive vermitteln?

Ich würde mich als sehr gläubig und spirituell bezeichnen. Allerdings ist mein Glaube nicht kirchlich geprägt. Der Begriff "spirituell" ist oft negativ besetzt, doch für mich bedeutet er das Streben nach etwas Höherem und die Wiederentdeckung des inneren, „wahren“ Ichs. In letzter Zeit beschäftige ich mich, auch weil ich inzwischen drei Kinder habe, intensiv mit meiner eigenen Kindheit. So entstanden die Serie „Wo die wilden Kerle wohnen“ und die Figur „Sie ist die Schlimmste“. Manchmal gibt es konkrete Geschichten als Anlass, oft bleibt es jedoch offen, damit jeder Betrachter etwas Eigenes sieht und fühlt. Witz und Tragik spielen generell eine wichtige Rolle in meiner Arbeit.

Du hast in der Vergangenheit sowohl mit traditionellen als auch modernen Techniken gearbeitet. Wie kombinierst du diese Ansätze in deinen Skulpturen?

Ich arbeite viel mit der Kettensäge, was schnelles Arbeiten ermöglicht und meiner Ungeduld entgegenkommt. Mich interessiert aber auch der Kontrast zwischen rauen Oberflächen und feineren, glatteren Details. Dafür verwende ich hin und wieder gefundene Plastik- oder Glasobjekte.

Welche Bedeutung haben die Natur und ihre Elemente in deinen Arbeiten, und wie spiegeln sich diese Themen in deinen Skulpturen wider?

Ich lebe sehr naturverbunden, umgeben von Wald und Wiesen in der Fränkischen Schweiz, und arbeite größtenteils im Freien. Die Elemente wurden immer wieder auch unbewusst Teil meiner Arbeiten und Ausstellungen: Wasser - Brunnen, Quelle; Holz - Erde; Feuer - verbrannte Skulptur oder als Symbol; und die Luft, die alles umgibt.

Dein kreativer Prozess scheint sehr haptisch und intuitiv zu sein. Kannst du beschreiben, wie du von der ersten Idee zur fertigen Skulptur gelangst?

Mein Arbeitsprozess ist sehr intuitiv. Als Basis habe ich meist nur eine Skizze und arbeite ohne Modell. Ich suche mir einen passenden Stamm aus, wobei manche Stämme schon sehr viel vorgeben oder sehr eigen sind. So entsteht der Prozess mehr aus dem Stamm heraus. Eine Lindenkrone mit 1,5 m Durchmesser stand beispielsweise drei Jahre in unserem Garten, bis feststand, dass daraus ein rosa Elefant entstehen soll. Dann heißt es: alles weg, was nicht nach rosa Elefant aussieht. Es geht um Bildhauerei, eine großartige Sache, die zu meiner Passion geworden ist: Abtragen von Material, Anzeichnen, Formen, Abstand nehmen,… bis alles da ist.

Wie entwickelst du die farbliche Gestaltung deiner Skulpturen, und welche Rolle spielt Farbe in deinem kreativen Prozess?

Die farbige Fassung ist mir sehr wichtig, da die Figuren dadurch lebendiger und realer werden. Ich komme aus einer traditionellen Kunstmalerfamilie aus Dachau. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte die Künstlerkolonie Dachau zu den bedeutendsten Europas. Schon als Jugendlicher saß ich mit einer Staffelei und Ölfarben im Dachauer Moos. Dort erlebte ich im Malprozess eine mystische „alles ist eins“-Erfahrung, in der sich alles auflöste und gleichzeitig alles verband. Eine tiefe Naturverbundenheit und die Liebe zur Kunst ebneten meinen Weg.